Lebensgeschichte und Jahresringe eines Baumes
An der Schnittfläche eines gefällten Baumes erkennt man deutlich die unregelmäßigen Jahresringe, von denen sich in jedem Jahr ein neuer bildet.
Das Kernholz hebt sich bei manchen Holzarten wie Eiche und Kirsche durch eine dunklere Färbung von dem jungen Splintholz ab. Die Schnittfläche gibt Aufschluss über alle wesentlichen Ereignisse im Leben des Baumes. Der hier abgebildete Fichtenstamm wurde im Alter von fünfzig Jahren gefällt.
Er wuchs in den ersten sechs Lebensjahren gleichmäßig und gerade mit breiten Jahresringen. Frühling und Sommer brachten genug Regen und Sonne.
Aber dann erhielt der junge Stamm Winddruck. Ein schützender Altholzbestand war gefällt worden. Er wehrte sich dagegen, indem er an der dem Wind abgekehrten Seite dickere Ringe bildete.
Das dauerte etwa sieben Jahre. Der Fichtenbestand war beachtlich gewachsen, und die offene Windseite hatte sich geschlossen, der Baum wuchs wieder gleichmäßig und senkrecht, aber mit sehr schmalen Jahresringen. Die Bäume standen jetzt zu dicht und nahmen sich gegenseitig Wasser und Licht. Eine Durchforstung wurde nötig, und als sie durchgeführt war, setzte der Baum besonders breite Ringe an. Seine Krone hatte Luft und Licht, und seine Wurzeln konnten genügend Nährstoffe aufnehmen.
Nach einigen guten Jahren kam dann eine Folge von mehreren trockenen Jahren. Die Bodenfeuchtigkeit reichte nicht mehr aus, um breite Jahresringe wachsen zu lassen. Dafür wuchs die Brandgefahr. Ein Bodenfeuer lief durch den Bestand und verwundete den Stamm an einer Stelle bis auf das Splintholz. Die Verletzung war nicht lebensgefährlich, und im Laufe der Jahre wurde die Wunde von neuen Jahresringen überwellt. Der Baum wuchs nun wieder gleichmäßig mit schmaler werdenden Ringen. Dann brachte ein weiteres Trockenjahr einen starken Insektenbefall. Die Fichte brauchte insgesamt drei Jahre, um sich davon zu erholen. Die folgenden engen Jahresringe verraten, dass in dem nun halbwüchsigen Bestand eine neue Durchforstung fällig wurde. Ihr fiel dann die fünfzigjährige Fichte zum Opfer.