Efeu - heilsames Klettertalent
Grüner Efeu Extrakte der Zierpflanze wirken krampflösend und erleichtern das Abhusten
Efeu - die immergrüne Kletterpflanze weckt Vorstellungen von zerfallenden Burgmauern, uralten, eingewachsenen Bäumen und überwucherten Grabplatten aus Stein. Der Schattenpflanze haftet ein Hauch von Vergänglichkeit und Verfall an. Dabei ist Efeu wahrscheinlich aus einem ganz anderen Grund häufig auf Friedhöfen zu finden: Für die frühen Christen symbolisierte er das ewige Leben, deshalb betteten sie ihre Toten darauf.
Efeu ist eine der ältesten Mysterienpflanzen und war dem Weingott Bacchus geweiht. Bis heute schmücken Winzer ihre Türen mit seinen Ranken. Von jeher steht die Kletterpflanze für Treue und Liebe, was vielleicht mit ihrer Fähigkeit zu tun hat, sich mit ihren Haftwurzeln überall einzuhaken und festzuheften. Efeu ist kein Schmarotzer, er hält sich lediglich an Bäumen fest, ernährt sich aber nicht von ihnen. Botaniker rechnen den Efeu zu den Araliaceae. Das ist eine Pflanzenfamilie, deren übrige Vertreter vorwiegend in den Tropen beheimatet sind und zu der auch der Ginseng gehört.
Eine Pflanze, zwei Blattformen
Eine Besonderheit des Efeus ist es, dass er zwei verschiedene Blattformen ausbildet Nur die flach wachsenden jungen Sprosse haben die charakteristischen ledrigen, drei- bis fünflappigen Blätter, deren dunkles Grün ein weißes Adernetzwerk durchzieht. Die aufrecht wachsenden Blühsprosse tragen dagegen ungeteilte rautenförmige Blätter. Ihre kleinen, weißen Blüten erscheinen erst im September und Oktober, wenn viele andere Pflanzen bereits verblüht sind. Sie sind im Herbst eine wichtige Nahrungsquelle für Bienen und andere Insekten.
Gärtner schätzen den wuchernden Efeu als robuste, unverwüstliche und wunderschöne Kletterpflanze. Zur Auswahl stehen ihnen unzählige Sorten des Gemeinen Efeus, die in Farbe, Blattform und Ansprüchen variieren. Aber Vorsicht! Wer kleine Kinder hat, sollte auf Efeu im Garten verzichten: Alle Teile der Pflanze - auch die schwarzen Beeren - sind giftig.
Wie viele Giftpflanzen wird auch Efeu seit langer Zeit in entsprechender Dosis therapeutisch genutzt. Glaubt man der Volksmedizin, sollen für Zubereitungen des Arznei-Efeus - auf Lateinisch Hedera helix - bei - Gallensteinen und Gallenleiden, bei Beschwerden von Leber und Milz, Hauterkrankungen, rheumatischen Beschwerden und Venenentzündungen helfen. Wissenschaftliche Belege gibt es dafür allerdings nicht - mit einer wichtigen Ausnahme: Bestimmte Inhaltsstoffe des Efeus, die Saponine, bringen bei Bronchitis und Reizhusten Linderung. Präparate aus Efeublätter-Trockenextrakt regen die Bildung von Substanzen an, die bei Husten den zähen, lästigen Schleim in den Bronchien verflüssigen. Das erleichtert das Abhusten und dämpft den Hustenreiz. Zudem entspannen sie die glatte Bronchialmuskulatur und ermöglichen so ein besseres Durchatmen.
Schon länger ist klar, dass Efeu-Extrakte bei Husten wirken, man wusste aber nicht genau, wie. Dr. Hanns Häberlein, Professor für Zellbiologie und molekulare Wirkstoffforschung an der Universität Bonn, hat nun den Mechanismus entschlüsselt: Wirkort der Saponine, vor allem des Hederins, sind die Zellen der äußersten Schleimhautschicht und der glatten Bronchienmuskulatur. Diese beiden Zelltypen werden durch den Hustenreiz stimuliert. Bestimmte Empfangsstationen auf der Zelloberfläche, so genannte Rezeptoren, werden aktiviert und übermitteln den Reiz in das Zellinnere. Die Schleimhautzellen reagieren mit der Bildung schleimverflüssigender Stoffe, und die Muskelzellen entspannen sich.
Normalerweise lässt diese Wirkung nach einiger Zeit nach. Der Rezeptor wird „abgeschaltet", indem er in das Zellinnere aufgenommen wird. Die Saponine bewirken, dass die Empfängermoleküle länger auf der Zelloberfläche bleiben und die Signale für das Verflüssigen des Schleims und die Muskelentspannung verstärkt werden.
Interessantes Forschungsgebiet
Allerdings sind längst nicht alle Einzelheiten geklärt, und es besteht noch großer Forschungsbedarf. Häberlein denkt aber schon weiter. Möglicherweise ist der beim Efeu entdeckte Mechanismus der Signalverstärkung auch auf andere Rezeptoren übertragbar: „Substanzen, die indirekt dafür sorgen, dass aktivierte Rezeptoren viel später abgeschaltet werden, sind für die Wirkstoffforschung hochinteressant. Sie könnten die Dosierung und möglicherweise auch die Nebenwirkungen der eingesetzten Wirkstoffe reduzieren."