NSG - NaturSchutzGruppe Jettingen

Frühblüher 2011

Aufbruchstimmung

Noch herrscht in der Natur eine gewisse Ruhe, unterbrochen nur von einer kleinen Zahl von Frühblühern. Das große Feuerwerk der Flora steht noch aus. Fast möchte man meinen, dass die Natur jetzt so richtig Luft holt um dann Anfang Mai sich so richtig ins Zeug legen zu können. Mittlerweile leuchtet das Violett des Seidelbastes schüchtern aus dem Dickicht, die Pestwurze wuchten ihren Blütenkolben aus dem Erdreich und mit einem frechen Gelb machen sich die Huflattich- und Scharbockskrautkolonien an Wegrändern und Schutthalden breit, wobei letztere feuchte Standorte bevorzugen.

Seidelbast

Den Seidelbast (Daphne mezerum) findet man häufiger auf der Jettinger Markung. Allerdings muss der Beobachter seine Augen gut trainieren um ihn auch zu finden. Daphne zeigt sich selten in offenem Gelände. Vielleicht geniert sie sich ob ihres süßlichen Duftes, welcher manche Menschen ins Schwärmen geraten läßt, andere aber aufdringlich finden, und versteckt sich deswegen zwischen anderen Büschen. So schön sie ist, so giftig ist sie. Alle Teile der Pflanze, besonders aber die Beeren, enthalten stark giftige Stoffe, welche selbst bei Berührungen der Zweige Hautreizungen hervorrufen können. Der Name „Seidelbast“ leitet sich aus dem altgermanischen Wort „Zeiland“ her, eine andere Bezeichnung für den germanischen Gott Ziu (Gott des Frühlings).

Pestwurz

Urwüchsig dagegen der Blütenstand der Pestwurz (Petasites hybridus). Noch völlig ohne Blätter ragen die Blütenstände aus der Wurzelknolle, die sich knapp unter der Erdoberfläche verbirgt. Im Sommer dann, wenn die Blüten längst vergangen sind, können ihre herzförmigen Blätter nicht mehr übersehen werden. Die 30 bis - im Extremfalle - 100 cm breiten Blätter sehen jenen der Klette ähnlich und gelten als die breitesten der heimischen Pflanzen. Wie viele andere Frühlingsblumen auch, wehren sich die Pestwurze durch giftige Blätter und Rhizome gegen Fressfeinde.

Dennoch wird diese interessante Pflanze in der Volksmedizin häufig und für unterschiedliche Zwecke eingesetzt. Unangenehmer Geruch, verursacht durch die ätherischen Öle der Pflanze, machte die Menschen im Mittelalter glauben, dass dieser die Pest vertreiben könne. Daher auch der Name „Pestwurz“. In diesen Tagen können Sie die Blüte der Pestwurz auf dem kleinen Damm, seitlich des Weges im Schleif, bewundern.

Huflattich

Ebenso wie die Pestwurz zu der Familie der Korbblütler gehörend, schiebt der Huflattich (Tussilago farfara) zunächst völlig ohne Blätter, seine knallgelben Blüten aus der Erde. Sein lateinischer Name steht ganz klar für sein Programm. Tussilago setzt sich zusammen aus lat. „tussis“ d.h. Husten und „agere“ = vertreiben, also „den Husten vertreibend“. Der weitere Name „farfara“ ist unklar. Wahrscheinlich hat der Vater der abendländischen Taxonomie (wissenschaftliche Einordnung der Arten), Carl von Linné dieses Geheimnis mit in sein Grab genommen. Auf jeden Fall steht die heilende und schleimlösende Wirkung eines Tees von Huflattichblüten seit frühester Zeit bei den Menschen hoch im Kurs.

Scharbockskraut

Ebenso hilfreich war für die Menschen des Mittelalters nach langen und entbehrungsreichen Winterwochen das Scharbockskraut (Ranunculus ficaria), dessen gelbe Blüten sich ebenfalls schon im zeitigen Frühjahr öffnen. Die jungen Blätter dieser Pflanze brachten nach der vitaminarmen Kost des Winters einen ersten, kräftigen Schub an Vitamin C und bewirkten so, dass dem Schrecken des „Scharbock“ ein Ende bereitet wurde. Scharbock ist ein alter Name der Vitaminmangelkrankheit, welche wir heute als Skorbut bezeichnen. Der extreme Mangel an Vitamin C zeigte sich dadurch, dass das Zahnfleisch der Menschen heftig zu bluten anfing und die Zähne locker wurden. Im schlimmsten Fall fielen sie aus und waren damit unwiederbringlich verloren. Steht das Kraut allerdings in der Blüte, bildet sich das schwach giftige Alkaloid Protoanenmonin. Daher ist vom Konsum blühender Pflanzen abzuraten.

Der lateinische Name „Ranunculus ficaria“ kennzeichnet diese Pflanze als zur Familie der Ranunkeln (Ranuculaceae) zugehörig. Den Beinamen „ficaria“ erhielt sie wegen der feigen-warzenähnlichen Form der Wurzelknöllchen.

Ulrich Kipp

NaturSchutzGruppe Jettingen e.V.